Erstes Konzert des Chores nach zweieinhalb Jahren: Sängerschar feiert Weihnachten und Jubiläum zusammen
Die tonArtisten präsentierten in Strüth eine aparte Mischung aus traditionell weihnachtlichen und dennoch eher „unorthodoxen“ Weihnachtsliedern und begeisterten das Publikum, das trotz frostiger Temperaturen zahlreich ins Kloster Schönau pilgerte.
Strüth. „Ich persönlich habe in Anbetracht der Kälte eigentlich nur mit 20 bis 30 Besuchern gerechnet“, zeigte sich Chorleiter Achim Fischer überrascht von der voll besetzten Kirche des Klosters Schönau in Strüth. Das konnte letztlich nur einen Grund haben: Die „zahlreich erschienenen“ Zuhörer, viele von ihnen aus Nassau und Umgebung, wussten, was sie erwartete. Nämlich eine Veranstaltung, in der sich der Chor tonArt, dessen Dirigent Achim Fischer bekanntlich ist, nach mehr als zweieinhalb Jahren Corona-Zwangspause und passend zum 20-jährigen Bestehen endlich wieder von seiner konzertanten Seite zeigte. Und so trotzten sie denn, mit Handschuhen und Schals gewappnet und in dicke Decken eingemummelt, den frostigen Temperaturen und tauchten ein in diesen musikalisch-adventlichen Nachmittag, von dem Chorsprecherin Sina Lempka in ihrer Begrüßung sagte, sie könne noch gar nicht glauben, dass ein solcher öffentlicher Auftritt jetzt wieder möglich sei.
Und er war nicht nur möglich, sondern auch begeisternd. Was zum einen an dem mit Bedacht ausgewählten, traditionell weihnachtlichen und dennoch eher „unorthodoxen“, da in Teilen nicht gerade alltäglichen Repertoire lag. Oder wie Achim Fischer es eingangs formulierte: „Wir haben ein hoffentlich abwechslungsreiches Programm mitgebracht mit klassischen Kompositionen, aber auch mit Chorliteratur, die so gar nicht klassisch ist, die aber durchaus eine zeitlose Botschaft enthält. Und wir werden Lieder singen, die man kennt, die aber in einem anderen, ungewohnten Satz gesetzt sind.“ Das klang nach einer aparten Mischung – und war es auch. Wovon man sich bereits im ersten, den deutschsprachigen Advents- und Weihnachtsliedern gewidmeten und von Bass-Sänger Werner Schleicher ebenso informativ wie kurzweilig moderierten Konzertblock überzeugen konnte: Adventsklassiker wie das aus dem 19. Jahrhundert stammende Lied „Maria durch ein Dornwald ging“, das bei nahezu keinem vorweihnachtlichen Konzert fehlt, standen hier ebenso auf dem Programm wie Beiträge, die man um einiges seltener zu Gehör bekommt. So legte der zeitgenössische Komponist Oliver Gies sozusagen eine „moderne“ Klammer um diesen Block, wobei der Chor mit dem zum Einstieg sehr flott und stimmig vorgetragenen Song „Weihnachtslieder singen“ ebenso zu beeindrucken wusste wie einige Minuten später mit dem im späten Mittelalter entstandenen Choral „Es kommt ein Schiff, geladen“, der im Satz von Oliver Gies entschieden anders als das Original, aber deshalb noch lange nicht weniger überzeugend klang. Ihr Können zeigten die Tonkünstlerinnen und -künstler zudem bei Max Regers Choralmotette „Unser lieben Frauen Traum“ und dem Lied „Ich brach drei dürre Reiselein“ aus der Feder von Hugo Distler, der, wie Werner Schleicher zu berichten wusste, so stark unter den Nationalsozialisten litt, dass er sich 1942 im Alter von nur 34 Jahren das Leben nahm.
Sicher: Mit 26 Sängerinnen und Sängern – von denen an diesem Abend 23 auf der Bühne oder, besser gesagt, im Altarraum standen – ist tonArt ein eher kleines Gesangsensemble. Umso mehr beeindruckte der volle Chorklang, der, glaubt man Achim Fischer, unter „normalen“ Umständen allerdings noch um einiges voller gewesen wäre. „Man hat den Gesang in der Breite nicht so gut gehört, was sicherlich nicht zuletzt an den niedrigen Temperaturen lag“, so der Chorleiter später im Gespräch mit unserer Zeitung. Mag sein, aber: Dieses Konzert war trotzdem ein Genuss, auch im zweiten, der englischsprachigen und skandinavischen Literatur gewidmeten und von Chormitglied Sabine Lucas ansprechend moderierten Teil. Jetzt war endgültig Dynamik angesagt. Bei den Gospels „Alleluia“ von Douglas Brenchley und „Good News“ im Arrangement von Wolfgang Kelber sowie dem ebenfalls von Kelber arrangierten Calypso-Christmassong „Glorious kingdom“, bei dem ein Hauch von Harry Belafonte durch die altehrwürdige Klosterkirche wehte, natürlich. Aber auch „God rest you merry Gentlemen“, ein Weihnachtslied aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, kam in der tonArt-Darbietung sehr beschwingt daher. Es wäre kein „adventlich-musikalischer Nachmittag“ gewesen, hätte es nicht auch den einen oder anderen Textbeitrag gegeben. Hier brachte Sabine Lucas die deutsche Übersetzung des anschließend von tonArt gesungenen Lieds „Nu tändas tusen juleljus“, das die Schwedin Emmy Köhler 1898 komponierte, zu Gehör, während Markus Bär sich „Mein letztes Lied“ von Schlager-Papst Udo Jürgens ausgesucht hatte. Das wurde zwar weder vom Chor gesungen, noch ist es ein Weihnachtslied – mit seiner Aussage „Wir sollten grad in dieser Zeit die Brücke bau’n, auf der ein Weg zum Nächsten führt“ passt es aber dennoch hervorragend in den Advent.
Für zusätzliche Auflockerung – sofern diese überhaupt vonnöten gewesen wäre – sorgten ein Quartett, bei dem Monika Bär (Gitarre), Ricarda Belz (Piano), Sina Lempka (Geige) und Annette Tennstedt (Querflöte) die Klassiker „Tochter Zion, freue dich“ und „Leise rieselt der Schnee“ instrumental zur Geltung brachten, und der Jugendchor der tonArt-Kids, der das – beim „Gloria“ kräftig mit einstimmende – Publikum mit einem Weihnachtsmedley von Rolf Zuckowski erfreute. Was braucht man eigentlich mehr, um im Advent anzukommen?
Von Ulrike Bletzer
Seit 20 Jahren tonArt
Das Adventskonzert im Kloster Schönau war zugleich ein Jubiläumskonzert,
denn der Chor tonArt wurde vor 20 Jahren gegründet.
2002 ging er in Nassau mit acht Sängerinnen und Sängern an den Start,
heute zählt er 26 Aktive. Ein weiterer Bericht darüber folgt.