Musik „tonArt“ bereitet sich auf Workshop und Konzert im Juli mit „Voces8“ aus England vor
Nassau/Rhein-Lahn. „Von diesem Lied gibt es keine gute Einspielung, schon gar nicht auf Youtube. Aber nach unserem Konzert wird es eine geben.“ Keine Frage: Etwas selbstironischer, augenzwinkernd zum Besten gegebener Größenwahn muss schon erlaubt sein, wenn sich ein Chor wie tonArt auf einen voraussichtlichen musikalischen Höhepunkt vorbereitet: Das Nassauer Sängerensemble steuert mit Riesenschritten auf die zweite Auflage seines A-cappella-Festivals „tonArt Vocal“ zu. Und hat dazu als Lehrmeister im Vorfeld des Konzerts am 15. Juli ein Vokalensemble von jenseits des Ärmelkanals engagiert.
Gruppe von Weltklasse
Nicht irgendein Vokalensemble, wohlgemerkt: „Voces8 ist eine der besten und erfolgreichsten Gruppen der Welt, die so viele Stilrichtungen wie kaum eine andere beherrscht“, sagt Chorsprecher Thomas Diel sichtlich stolz. Der Name des Ensembles verrät es eigentlich schon: Acht stimmgewaltige Briten, zwei Damen und sechs Herren, sind es, die im Juli im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz zu einem Workshop an die Lahn kommen werden. Oder besser gesagt: zu mehreren Workshops, die sich um gesangstechnisch gesehen so entscheidende Dinge wie Stimmbildung, Intonation und Körpereinsatz drehen und den Nassauer Sängern einen vermutlich bleibenden Eindruck von der selbst entwickelten Voces8-Lehrmethode vermitteln werden, bei der es, so viel sei hier zumindest schon angedeutet, außer um das körperliche auch um das geistige Aufwärmen vor dem Singen geht.
Was man sich darunter konkret vorzustellen hat, wird tonArt zum ersten Mal am Abend des 13. Juli, einem Mittwoch, erfahren. Tags darauf, am Donnerstag, wird sich erst mal alles um den Nachwuchs drehen. Vormittags wird Voces8 in der Stadthalle insgesamt rund 400 Kinder und Jugendliche aus der Realschule plus Bad Ems Nassau, dem Raiffeisen-Campus in Dernbach und den Grundschulen in Nassau, Miehlen und Singhofen auf spielerische Art und Weise an den Chorgesang heranführen. Am Nachmittag wird es dann auf dem Leifheit-Campus eine Abschlusspräsentation mit immerhin voraussichtlich noch 130 jungen Sängern geben. Natürlich haben die Erwachsenen der Stadt Nassau und des Kultursommers Rheinland-Pfalz dieses Kinder-Projekt, das bereits im vergangenen Jahr unter dem Label „tonArt kids“ gestartet und in die Aufführung des „Weihnachtmanns“ gemündet ist, nicht ohne Hintergedanken ins Leben gerufen: „Wir wollen die Jugend für den Chorgesang begeistern und auf diese Weise langfristig gesehen natürlich auch die hiesige Kulturszene bereichern“, sagt Achim Fischer, der Chorleiter, und zeigt sich zuversichtlich: „In Nassau ist der Nährboden dafür offenbar gut. Bei diesem Projekt jedenfalls ziehen alle Beteiligten an einem Strang.“
Mit den tonArt Kids ist der Donnerstag aber noch lange nicht abgehakt. Am Abend arbeitet Voces8 via dreistündigem Workshop mit dem eigens zu diesem Anlass gegründeten Projektchor tonArt & Friends, in dem sich rund 15 Sänger anderer Chöre zum harten tonArt-Kern hinzugesellen. Am Freitag schließt sich eine – wenn auch kürzere und weniger intensive – Fortsetzung dieses Workshops an. „Das wird mehr ein Warm-up vor dem Konzert sein“, sagt Achim Fischer. Vor dem Wandelkonzert, um genau zu sein: Vorausgesetzt, die Innenrenovierung ist bis dahin fertig, lädt der erste Teil mit geistlichen Liedern in die katholische Kirche St. Bonifatius ein. Sowohl tonArt und tonArt & Friends auf der einen als auch Voces8 auf der anderen Seite werden diesen kirchlichen Part bestreiten. Danach geht es ins Freie: Im Kurpark wird Voces8 dem Publikum einen Einblick in sein weltliches Repertoire geben.
Volles Programm also. Noch ist es aber nicht so weit. Noch studieren die Sänger von tonArt & Friends hoch konzentriert ihr Repertoire für den Auftritt in St. Bonifatius ein. Mit verteilten Rollen, was den Ablauf der Probe betrifft: Willi Becker, der Projektleiter Musik beim Kultursommer Rheinland-Pfalz ist, den Kontakt zu Voces8 hergestellt hat und bei diesem Projekt ausnahmsweise als einer der „Friends“ beitonArt & Friends mitmischt, übernimmt das Einsingen und feilt später unter anderem bei dem geistlichen Chorstück „I’ll Praise thee o Lord“ von Knut Nystedt mit seinen Kurzzeit-Chorkollegen an den Feinheiten. „Im Ernstfall empfehle ich: Brüllt niemand weg. Gute Chöre können auch leise singen“, rät er mit leiser Ironie und fügt hinzu: „Im Juli wird das, was ich jetzt mache, ein exzellenter englischer Chorleiter tun.“ Sowohl bei den Workshops als auch im Konzert dirigiert ein Voces8-Mitglied die Chöre.
Dynamik gut im Griff
Achim Fischer wiederum – „er ist der Projektleiter“, betont Willi Becker – hat es weniger auf die Feinheiten als auf ein erstes Hineinfinden abgesehen: Als neues Stück steht heute das „Ave Verum Corpus“ von William Byrd auf der Agenda. Damit die Sänger ein Gefühl für das Byrd'sche „Ave verum“ bekommen, lässt Fischer zunächst den Text nachsprechen, dann spielt er ihnen das Lied vor, bevor es an die eigene Wiedergabe geht. „Die Dynamik habt ihr schon gut hinbekommen“, lobt er. Logisch, dass trotzdem noch einiges zu tun bleibt, bis die zwei Damen und sechs Herren aus Großbritannien kommen. Aber, so viel sei immerhin verraten: Vielversprechend hört es sich jetzt schon an.
Ulrike Bletzer, Rhein-Lahn-Zeitung
Chorleiter Achim Fischer bereitet das Nassauer Ensemble tonArt bei den Proben auf den Workshop und den Auftritt im Sommer vor, zu dem die britischen Weltklassesänger der Formation Voces8 erwartet werden. Foto: Ulrike Bletzer